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Platzt die KI Blase?

  • mathiaskeswani
  • 1. Okt. 2024
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 7. Okt. 2024

Bei aktuellen Investition von geschätzten 200 Milliarden Dollar (2024) in KI, durch Amazon, Microsoft, Meta, Google und Apple werden auch die Stimmen der Zweifler immer lauter, dass der aktuelle KI-Hype maßlos überschätzt wird. So warnen beispielsweise Goldmann Sachs und der Wagniskapitalgeber Sequoia vor einem Platzen der KI-Blase. Der Markt ist wahrlich überhitzt und viele KI-Startups können sich vor Investoren kaum retten. Man könnte also meinen, dass eine solche Warnung dem Eigennutz geschuldet sein könnte den Markt ein bisschen abzukühlen um Investitionen rentabler zu gestalten. Wenn da bloß nicht zahlreiche KI-Koryphäen wären, die ebenfalls konstatieren, dass die Milliarden-Investments in GenAI nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen werden. Yann LeCun beispielsweise ist nicht einer von zahlreichen Tech-Propheten, sondern der KI-Chef von Meta und Träger des Turing-Preises. Der Mann forscht und entwickelt seit über dreißig Jahren an künstlicher Intelligenz und sagt: „Die Sprachmodelle würden nicht einmal das Intelligenzlevel von Katzen und Hunden erreichen.“ Eine Aussage, der auch Gary Marcus, Kognitionswissenschaftler und KI-Vordenker durchaus zustimmt. Marcus warnte bereits vor zwanzig Jahren vor dem Halluzinations-Phänomen der generativen KI und liefert sich gerne den ein oder anderen öffentlichen Schlagabtausch mit Menschen wie Elon Musk, welcher sich wieder einmal mit seinen Zukunftsweissagungen nicht zurück hält und behauptet, dass man bereits 2025 das Ziel einer Artificial General Intelligence erreicht haben werde. Mit diesen und anderen Versprechungen konnte Musk für sein eigenes KI-Startup xAI sechs Milliarden Dollar an Investitionen einsammeln. Auch Sam Altmann (OpenAI) wird nicht müde zu betonen, dass man nur noch wenige Schritte von diesem menschheitsverändernden Durchbruch entfernt sei. 


Wer hat also Recht? 


Fakt ist, dass die aktuellen Sprachmodelle als Teilbereich der generativen KI probabilistisch operieren. Sie basieren auf Wahrscheinlichkeiten. Das LLM gibt schlicht immer die wahrscheinlichste Antwort auf Basis seiner Wissensdatenbank. Das funktioniert in einem geschlossenen Kosmos oftmals ganz hervorragend, sofern das LLM von KI-Experten trainiert und überwacht wird, um die Halluzinationen in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Nehmen wir beispielsweise eine Corporate-KI, die ausschließlich mit Daten und Dokumenten des Unternehmens gefüttert wird. Hier kann eine KI relativ gut bei Kundensupport, Unternehmensorganisation oder Marketingmaßnahmen unterstützen. Doch je allgemeingültiger und umfassender eine KI arbeiten soll, desto öfter liegt sie mit ihren Aussagen falsch. 

Die KI AlphaFold der Alphabet Tochter Deepmind wurde entwickelt um dreidimensionale Strukturen von Proteinen vorherzusagen und Wissenschaftler dabei zu unterstützen zu verstehen wie Proteine arbeiten und in biologischen Prozessen interagieren. Diese „Spot-KI“ erfüllt ihren Zweck ganz hervorragend und leistet der Wissenschaft wertvolle Dienste. ChatGpt hingegen spuckt bei der Frage nach einer steueroptimierten Unternehmensstruktur so viele Fehlinformationen aus, dass man sich nach der Anwendung dieser „Tipps“ direkt in der Nachbarzelle von Alfons Schubeck wieder finden würde. 

Wissenschaftler wie LeCun und Marcus halten daher den Ansatz eine generative KI mit Unmengen an Daten zu füttern um daraufhin Wahrscheinlichkeitsaussagen zu erhalten für den falschen Weg. Vielmehr sehen sie es als notwendig an die Maschinen mit einem „gesunden Menschenverstand“ auszurüsten. Maschinen müssen dazu in die Lage versetzt werden die Welt zu verstehen, so wie ein Mensch die Welt versteht. Was ist wahrscheinlich? Was ist plausibel? Was ist möglich und was nicht? Menschen bewegen sich mit Heuristiken durch die Welt. Erfahren, bewerten, agieren. Alles auf Basis unseres Verständnisses für die Welt und unseren Erfahrungen. Unser Gehirn nimmt für die Lösung jedes Problems von Natur aus den kürzesten Weg. Eine Fähigkeit, die aktuellen KI-Entwicklungen noch abgeht. 

Um zu beantworten, wer also mit seinen Prognosen richtig liegt, kann man auch hier nur die Wahrscheinlichkeit hin zu ziehen und vermuten, dass der Ansatz der aktuellen Sprachmodelle aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zu der angekündigten großen Revolution führen wird. 



Also alles nur mehr Schein als Sein? 


Künstliche Intelligenz wird in den Medien oftmals als „Trend“ oder auch „Hype“ bezeichnet. Was absolut falsch ist. KI ist eine Basis-Technologie, die in unserem Alltag bereits omnipräsent ist ohne, dass wir sie bemerken. Sie ist mindestens so revolutionär wie einst die Demokratisierung des Internets. Wir erinnern uns, auch damals platzte eine Blase, die mehr oder weniger über Nacht Börsenwerte in Höhe von 5 Billionen Dollar vernichtete und ganze Länder in eine Rezession stürzen ließ. Heute, vierundzwanzig Jahre später, käme trotzdem niemand auf die Idee das Internet als fehlgeleitete Technologie zu bezeichnen. 

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass sich die hunderte Milliarden Dollar die aktuell in KI investiert werden, nicht innerhalb von wenigen Jahren amortisieren werden. Und vermutlich wird es auch eine Form der Bereinigung geben, die äußerst schmerzhaft werden kann. Dennoch ist das Vorgehen der Big-Tech-Player absolut richtig und folgt einem Mantra des Silicon Valley: Burn to earn. Der Aufbau und damit das Investment in riesige Rechenzentren ist absolut notwendig um im Rennen um die wirkungsvollste KI-Strategie dabei zu sein. Wann immer es große Märkte zu besetzen gilt, muss man bereit sein Kapital zu verbrennen um später in einem bereinigten Umfeld profitieren zu können. Dem Deutschen ist dieses Vorgehen fremd, weshalb wir leider keine eigenen nennenswerten Investitionen in den Aufbau von KI tätigen. Die Rechenzentren, die in Deutschland gebaut werden sollen, sind alle in der Hand amerikanischer Großkonzerne. Die meisten Unternehmen begnügen sich damit den Copiloten von Microsoft einzusetzen anstatt eigene Gehversuche zu wagen. Da Microsoft ausschließlich auf seine Partnerschaft mit ChatGPT setzt kann es sein, dass sich dieser Weg in Zukunft als Fehlinvestition herausstellt. ChatGPT ist anders als der Name des Unternehmens OpenAI vermuten lässt, nämlich gar nicht open. Meta hingegen verfolgt einen ganz anderen Ansatz. Alle Entwicklungen des Konzerns sind Open Source und können von Millionen Entwicklern auf der Welt beliebig genutzt und weiterentwickelt werden. Die Llama KI Modelle können von jedermann geschlossen in der eigenen Infrastruktur eingesetzt und angepasst werden. Während hier also noch ein Verteilungskampf im Gange ist, steht Nvidia als großer Gewinner bereits fest. Das Unternehmen aus Santa Clara, das mit nur knapp 30.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 60 Milliarden Dollar erzielt und eine Traumrendite von 49 % ausweist ist die unangefochtene Nummer Eins im KI-Rennen. Die Gründe warum alle großen Player für Milliarden bei Nvidia einkaufen sind nicht nur die herausragende Hardware, sondern vor allem auch die Software des Unternehmens. Mit seiner Programmierschnittstelle CUDA hat Nvidia etwas geschaffen, das seinesgleichen sucht. CUDA erlaubt es, GPUs für komplexe Berechnungen zu verwenden, die normalerweise von CPUs durchgeführt werden. Das macht die Grafikprozessoren des Unternehmens zum Nonplusultra für die Entwicklung jedweder Form von KI. Unabhängig davon ob es sich um generative KI, Maschine Learning oder Computer Vision Anwendungen handelt. Nur Google kann mit seinen eigens entwickelten Tensor Processing Units mit einer vergleichbaren Technologie und Infrastruktur noch mithalten. 

Viele große Versprechen werden sich in absehbarer Zeit dennoch nicht einhalten lassen, Startups werden vom Markt verschwinden und Kapital wird vernichtet werden. Dennoch macht das die Investments in KI nicht obsolet. Auch wenn der Cash Burn enorm ist, kann man mit Sicherheit sagen, dass KI als Game Changer Technologie noch seinen Durchbruch haben wird. Oder um es mit den Worten von Mark Zuckerberg zu sagen: „An diesem Punkt würde ich lieber riskieren, Kapazitäten aufzubauen, bevor sie benötigt werden, als zu spät zu sein“. 



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